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Mabon - die Herbst Tag - und Nachtgleiche

In wenigen Tagen ist es wieder soweit: Tag und Nacht befinden sich für eine kurze Zeit im Gleichgewicht. Zweimal im Jahr stehen wir damit an einer Schwelle. Im Frühling zu Ostara (keltisch) feiern wir den Beginn des Neuen, die Fruchtbarkeit und das Wiedererwachen der Natur. Im Herbst zu Mabon (keltisch) feiern wir das Gegenstück. Wir verabschieden uns von der Fülle des Sommers und kehren wieder ein in die Stille und den Schutz der Erde.

Beide Übergänge sind gute Gelegenheiten, sich der Kreisläufe der Natur immer wieder bewusst zu werden und uns als lebendigen Teil von Werden und Vergehen zu erleben.

 

Symbolisch betrachtet

In der Astrologie liegt die Herbst Tag - und Nachtgleiche, die in diesem Jahr auf dem 23. September fällt, genau im Übergang zwischen Jungfrau und Waage.

Die Jungfrau sorgt sich um ihre Gesundheit und sucht ein einfaches, erdverbundenes Leben. Sie hat die Aufgabe, ihre inneren Bedürfnisse mit der äußeren Realität in Einklang zu bringen und ist gut darin, Vorsorge zu treffen für kommende Zeiten. Die Waage bemüht sich um das Gleichgewicht aller Dinge, die Harmonie zwischen männlicher Tatkraft und weiblicher Intuition, zwischen Licht und Dunkel und Tag und Nacht. Harmonie und Schönheit sind ihr Lebenselixier.

Beide Kräfte - Jungfrau und Waage, Notwendigkeit und Ausgleich - spüren wir an der Schwelle zum Herbst.

 

In der griechischen Mythologie erzählt eine Sage, dass Persephone, die Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter, von Hades in die Unterwelt entführt wurde. Auf der schmerzlichen Suche nach Persephone nimmt Demeter allen blühenden Pflanzen die Kraft und lässt sie welken und sterben.

Erst ein Pakt mit Hades macht es möglich, dass Persephone ein halbes Jahr über der Erde (das lichte halbe Jahr) und ein halbes Jahr unter der Erde (das dunkle halbe Jahr) leben darf. So wechseln sich seitdem Licht und Dunkel, Dürre und Fülle, Tod und Neubeginn ab. Auch in vielen anderen Kulturen und Märchen finden wir ähnlich berührende Gleichnisse.

 

Wie es schwingt

Feine Nasen nehmen schon im August wahr, dass es nach Herbst riecht. Der Himmel färbt sich türkis, das Licht spielt golden zwischen voll behangenen Ästen. Die Speisekammern füllen sich langsam mit der Ernte des Sommers, die Abende werden kühl. Wir bereiten uns vor auf eine Zeit des Rückzugs, nicht nur in unsere Wohnräume, sondern auch in unsere seelischen Räume. Die äußere Welt kommt zur Ruhe und hat mit der Wärme der Sonne und den reifen Früchten zuvor noch einmal alles gegeben. Die Zeit der Ernte ist vorüber und wir tragen heim, was uns gegeben wurde. Voller Dankbarkeit schauen wir auf die Geschenke des Sommers. Das was wir ernten konnten, haben wir einst gesät. Unsere Fürsorge, unser Wille und auch die Kraft des Lichtes haben es reifen lassen. Was wir so betrachten und nutzen, wird uns in der dunklen Jahreszeit nähren.

 

Einkehr heißt nun auch, wir ziehen Bilanz. Welche Samen haben wir in die Erde gelegt und was trägt jetzt Früchte? Haben wir weise vorgesorgt oder einfach spielend in der Sonne getanzt? Haben wir nicht nur unsere Vorratsschränke, sondern auch unsere Seelen aufgefüllt? Mit Licht, guten Taten und Worten, Musik, Freude...? Bringt, was wir gesammelt haben, uns gut über den Winter?

Bevor die Herbststürme über das Land wehen, haben wir nun Zeit, uns solche Fragen zu stellen. Wir danken Mutter Erde für ihre reichen Schätze und Geschenke und feiern auf die eine oder andere Weise Erntedank.

 

Um uns einzustimmen auf die kommende Zeit, können uns kleine Rituale helfen mitzuschwingen und aus dem Herbstbeginn ein Fest der Fülle und Weisheit zu machen.

Am Ende sind es nicht die Rituale selbst, sondern die Bewusstheit mit der wir die Dinge tun. Sie lässt uns mehr und mehr eintauchen in das große Ganze und Teil von etwas werden, das größer ist als wir.

 

Hier dafür ein paar Tipps und Anregungen:

 

  • ein Fest mit Freunden an einem reich gedeckten Tisch feiern (zum Beispiel mit Kürbissuppe, heißem Apfel-Cider, eingelegten Früchten, Nüssen...)

  • Gemüse und Obst einlagern, einkochen, Wein ansetzen, Heilöle und Tinkturen ansetzen

  • Kräuterbündel trocknen für Räucherwerk

  • eine Dankbarkeitsliste schreiben

  • Naturmaterialien sammeln und damit das Heim verschönern

  • Tee´s aus selbst gesammelten Kräutern mischen

  • Kerzen aus Bienenwachs ziehen

  • Kastanien, Eicheln, Efeu sammeln und vielfältig für den Haushalt einsetzen

  • Samen für den kommenden Frühling trocknen und aufbewahren

  • einen kleinen Hausaltar einrichten mit Früchten, Kristallen, Herbstblumen, Kerzen...

  • eine Musikliste für den Herbst zusammenstellen

  • in Buchhandlungen schmökern

  • Wolle für den Winter besorgen

  • den Keller entrümpeln und Platz machen

  • Vergebungsübungen praktizieren

  • Reflektion über deine helle und deine dunkle Seite

  • Meditation und Hinwendung nach innen

 

Zwei meiner Lieblingsgedichte von Rainer Maria Rilke möchte ich diese Zeilen beenden lassen.

Sie fassen wundervoll zusammen, welche Melodie diese Zeit in uns anstimmt. Lauschen wir ihr!

 

Herbsttag

 

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

 

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

 

 

Herbst

 

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Monika (Donnerstag, 15 September 2022 21:57)

    Es fällt mir schwer, nach diesem schönen Text die richtigen Worte zu finden.....es berührt und erinnert mich....danke liebe Frauke