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Wer ist der Feind? - Eine innere Betrachtung

Hast Du mal ein rechtsradikales Pamphlet bis zum Ende durchgelesen? Oder die Erörterung eines Wirtschaftsbosses über die Notwendigkeit der Einführung von 5 G? Oder einen richtig sarkastischen Brief der Homöopathiegegnerin Nathalie Grams? Oder hast Du mal ein Dokument der Pharmakonzerne gelesen, indem ausführlich erläutert wird, warum es so wichtig erscheint, die Bevölkerung durch zu impfen? Hast Du etwas davon schonmal offenen Geistes und aufmerksam wirklich durchgelesen?

 

Ich nicht!

Mir kommt meist nach 2-3 Sätzen die Galle hoch und in mir formulieren sich sofort Gegenargumente und Begründungen, meist der unfreundlichen Art. Der Puls jagt, der Blutdruck steigt, die Augen flitzen unruhig hin und her. „Ooooch, da könnt ich ausflippen!“ rufe ich dann, klappe den Laptop zu und stapfe durchs Zimmer. Dann klapp' ich den Laptop wieder auf, mit hitzigem Kopf, suche und finde Leserbriefe, die es den (vermeintlichen) Feinden mindestens ebenso sarkastisch heimzahlen oder ich formuliere selbst welche. Oder ich suche Studien, die die Gegenseite ad absurdum führen (sollen).

 

Und was ich dann selbst schreiben möchte oder andere schon geschrieben haben, finde ich oft in den Socialmedia-Foren. Mit viel selbstgerechtem Zorn fliegen die Fetzen der Meinungen, (von denen die meisten Menschen annehmen und hoffen, dass sie darin frei wären) von einem Spielfeld ins andere. Manche bemühen sich, ihre Wurfgeschosse sachlich zu halten, aber durch jede Zeile zieht sich ein bittersüßer Faden von Ironie und schlauer Rache. Andere gehen ohne Pardon unter die Gürtellinie und beleidigen sich persönlich. Richtig gewieft sind die Witzbildchen über das jeweilige Feindbild. Ganz zu schweigen von den gehässigen Spitznamen, die manch einer so übergebraten kriegt.

 

Kurzum, es geht zu, wie auf dem Schulhof. Nicht nur in den sozialen Medien. Sondern auch bei anderen Formen des Zusammentreffens. Bei kleineren Kaffeerunden, in der Kneipe oder im Bundestag!Ich hab Recht!“ „Nein, ich hab Recht!“ „ Das geh ich sagen!“ „Ich hol meinen großen Bruder!“ „Haha, du Trottel“ „Wir wissen das längst viel besser als du, du bist ja noch ein Baby in der vierten Klasse!“ „Nee, ich spiel nicht mit dir – du bist reich, du bist arm, du stinkst, du hast die falschen Freunde...“ „ Ich hau dich kaputt!!“ „Das ist MEIN Schulbrot, ich geb dir nix ab!“ „Du bist'n Schleimer, du bist'ne Petze!“

Ehrlich Leute – sowas lese und höre ich oft! Und ich bin inzwischen peinlich betreten, dass auch ich manchmal solche Dinge von mir gebe. Im Erwachsenen-Jargon natürlich, aber mit der selben Selbstgerechtigkeit und Angst im Nacken, wie Kinder.

 

Und als Erwachsene und jemand, der den spirituellen Weg geht und sich um Bewusstwerdung bemüht, als jemand, der sich nach wirklicher Befreiung sehnt und zugewandtem, liebevollem Miteinander...frage ich mich, wie lange will ich da noch mitspielen? Auf diesem Spielfeld, wo immer der jeweils andere mein Feind ist. Wie lange will ich die Gehässigkeiten noch lesen oder weiterleiten?

Habe ich nicht IMMER fühlende Menschen vor mir und ist mir das bewusst?

Setze ich die Meinung, die jemand vertritt, mit seinem Menschsein gleich, mit seiner Person, mit seinem Wesen? Wie lange noch will ich für eine Gerechtigkeit kämpfen, die immer auch den jeweils anderen ins Unrecht setzt?

Das kann ich sagen: Es wird mir bewusst und daher KANN ich es nicht mehr wollen! Und ich will es auch nicht mehr wollen.

Ich bin von dem jeweils anderen nicht getrennt. Von nichts in dieser Welt bin ich getrennt. Ich träume nur, dass die Welt voller Feinde ist – weil ich mir selbst zum Feind geworden bin.

 

Ich praktiziere seit einigen Jahren „Ein Kurs in Wundern“. (Ich werde jetzt hier nicht ausführen, worum es in diesem Kurs geht. Aber ich kann jedem der sich damit beschäftigen möchte empfehlen, vorab das Buch „ Die Illusion des Universums“ von Gary Renard dazu zu lesen.)

Und in diesem Kurs lerne ich, die Welt und alles was in ihr erscheint, mit anderen Augen zu sehen. Ein einfacher Satz, der mich sofort auf eine andere Spur führt, ist zum Beispiel:Würde ich wollen, dass der andere das über mich sagt?“ Denn genau genommen sage ich das, was ich über einen anderen sage, zu mir selbst. ES GIBT KEINEN ANDEREN! Ich bin nicht getrennt von irgendetwas! Nicht in dem was ich denke, nicht in dem was ich sage, nicht in dem was ich fühle. Nur im Traum bin ich getrennt. Nur in der Illusion gibt es den anderen, der mein Feind oder Freund ist.

Mir fällt einfach auf, das jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Reaktion in MIR auftaucht. Sogar ganz wörtlich und 'räumlich' gesehen! Nirgends anders ist Wut. Oder Borniertheit. Oder Verurteilung. Ich fühle oder denke es doch hier, in mir! Alle Wahrnehmung geht von mir aus. Ich bin ihre Quelle.

 

Das wirklich zu erfassen, ist echt kein esoterischer Spaziergang! Wenn es wirklich als TATSACHE erkannt ist, ändert sich jede Handlung. Und zwar total.

Ich stehe damit noch am Anfang.

Und so kommt es eben vor, dass ich mich erbose über die Faschisten und über die Impfpropaganda oder die Kurzsichtigkeit der menschlichen Spezies....bis mir gewahr wird, in wem es auftaucht. Und dann sehe ich, wie ich mich quasi mit mir selbst unterhalte und den Ball von einem Spielfeld ins andere werfe. Innen. Das Ego macht mir in Windeseile alles zum Feind. Damit ich nicht zu mir komme. Zu dem, der alles entwirft....

 

Nun bin ich doch unerwartet von einem menschlichen Empfinden, das mancher Schrift-und Wortwechsel in mir auslöst, zu meinem spirituellen Weg gekommen.

Was ich eigentlich sagen wollte ist: Ich will mich weiter da wo ich bin für Menschlichkeit und Frieden untereinander einsetzen. Und vor allem für Verstehen! Denn immer, wenn ich etwas verstehen und empfinden konnte, ging eine Tür für echte Begegnung auf.

Ich werde jedoch keine „Gegen's“ mehr unterschreiben, keine Ironie oder Schimpftiraden mehr lesen oder gar teilen und auch keine 'Aufklärung' mehr weiterleiten, die andere ins Unrecht setzt. All das bestätigt immer nur sich selbst. Und es berührt niemals die Wahrheit. Oder die Liebe.

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Edward (Montag, 02 Dezember 2019 20:36)

    Liebê Frauke,
    ein sehr schöner Beitrag; ich möchte hier kein aber oder es sonst wie kritisch betrachten, es ist wirklich schwierig eine Meinung zu vertreten, ohne dass ein anderer ganz anderer Meinung ist. Die Übereinstimmung im Menschlichen wäre eine wunderschöne Folge all dieser Streitereien! Macht und Politik verhindern das menschliche, ich hoffe es merken bald sehr viele, damit wir es un´s dann irgendwann nicht mehr gefallen lassen müssen!
    Liebe Grüße Edward