
Falls du mich fragst, was wohl die beste Art zu leben ist, so würde ich nach einigen Lebensjahrzehnten sagen:
Das Beste ist, du selbst zu sein!
Das hat die meiste Kraft und das größte Licht.
Nur, was ist dieses Selbst, von dem alle reden?
Und wann leben wir es tatsächlich?
Wenn wir uns auf die Suche machen, finden wir verschiedene Perspektiven. Wir finden zum Beispiel genetische Informationen, familiäre, kulturelle, religiöse, weltanschauliche und gesellschaftliche Prägungen. Die Freiheit und Individualität innerhalb dessen ist gar nicht so groß, wie wir gerne meinen. Im besten Falle durchlaufen wir mehrmals im Leben Zeiten, in denen wir beginnen, diese vorgegebenen Strukturen zu hinterfragen. Danach ist unsere Welt etwas größer. Pubertät und Lebensmitte sind solche Phasen, aber auch jeder Neubeginn oder Lebensumbruch hält tiefere Fragen bereit. Ich würde das noch nicht als Rebellion oder echten Wandel bezeichnen, aber es ist eine beginnende Suche nach unserer Einzigartigkeit, nach Wahrhaftigkeit und dem Sinn unseres Daseins. Nicht selten entstehen daraus neue Lebensentwürfe. Doch wenn aus bürgerlichen Familien Punks hervorgehen, aus Großfamilien Einzelgänger und aus Ökofamilien Fastfoodjunkies, ist das noch keine Freiheit, sondern nur die Wahl des (vorhersehbaren) Gegenteils. Ob wir nun den Beruf unserer Eltern ergreifen oder die Träume leben, die sie sich nicht zu erfüllen wagten, ob wir der deutschen Bürokratie den Rücken kehren und auswandern oder ob wir beschließen, unser Leben in den Dienst der Nächstenliebe zu stellen – die inneren Beweggründe sind oft weniger frei, als wir annehmen. Und es ist wiederum ein Glücksfall, wenn wir das spüren...
Im besten Falle suchen wir weiter. Wir gehen den Weg der Selbsterfahrung, besuchen Seminare zur Selbstoptimierung, Selbstfindung und Selbstliebe. Wenn uns dann ein Psychologe oder Coach dazu ermutigt, ganz wir selbst zu sein, meint er damit jedoch etwas ganz anderes als ein spiritueller Meister. Lernen wir, authentisch zu zeigen, was wir fühlen und denken oder finden eine Lebensform, die uns liegt, sind wir unserer Identität vielleicht ein Stück näher, aber noch weit entfernt von dem, was auf dem spirituellen Weg das SELBST genannt wird. Doch auch die Vorstellung, von irgendetwas entfernt zu sein, fällt eines Tages in sich zusammen. Bis es soweit ist, suchen wir eben. Uns selbst.
Wir suchen, glauben etwas gefunden zu haben und verlieren es wieder. Wir glauben etwas verstanden zu haben...und dann belehrt uns das Leben eines Besseren. Meine Erfahrung ist inzwischen, dass die guten Dinge meist die einfachen sind. Wir können also getrost einstweilen dazu übergehen, damit einverstanden zu sein, was sich ohne Anstrengung durch uns ausdrückt.
Was sprudelt oder singt in dir? Was zieht dich an wie ein Magnet? Was sind deine Gaben und Talente? Was macht deine Seele weit? In was gehst du auf? Wann bist du völlig selbstvergessen bei der Sache? Was ist deine Sehnsucht, deine tiefe Freude?
Bevor deine Vorstellungen sich zu Wort melden und die ausgedachten Pflichten dich an die Kandare nehmen: wann hast du das Gefühl ganz bei dir zu sein, von innen erfüllt? Wann bist du unverstellt und klar erkennbar? Wann bist Du ohne Arg und Scheu? Wann fließt dir das Herz über?
Wann leuchtest du?
Falls du mich also fragst, was die beste Art ist zu leben...
Suche diese Momente. Sei ihrer gewahr.
Sei selbstvergessen, geh in ihnen auf, wenn du du selbst sein willst.
Das Leben ist größer als du. Lass es durch dich fließen. Lass die Liebe durch dich fließen.
Lass die Freude durch dich fließen.
Auf deine unvergleichliche Weise sei verloren und aufgehoben zugleich.
Sei ein Geschenk, ein Licht, ein Dank.
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